labormaus

Versuchstier.

Was ärgern mich Wissenschaftler, die sich hinter Fachchinesisch verstecken! Wie zum Beispiel jener Forscher, der verlangte, ich solle in einem meiner Texte die Wendung «wurde in Tierversuchen getestet» ersetzen durch «wurde an komplexen Systemen getestet». Natürlich habe ich mich geweigert, obschon der Professor streng wissenschaftlich gesehen Recht hatte. Denn ein Tier ist in der Tat ein komplexes System. Das ist aber auch ein Mensch – oder ein Bakterium. Was also könnte sich das Publikum vorstellen unter einem «komplexen Systemen»? Nichts.

 

Aber genau darum ging es dem Wissenschaftler. Zwar sollte sich die Leserschaft über seinen wissenschaftlichen Durchbruch freuen, doch niemand sollte merken, dass er dazu Tierversuche machte.

 

Selbstverständlich blieb meine Formulierung im Text, denn meine Aufgabe ist es, die Leserschaft zu informieren und nicht, Nebelpetarden abzufeuern. Wenn die Wissenschaft nicht sagt, dass und wozu genau sie Tierversuche macht, wie soll dann die Bevölkerung verstehen, wozu solche Versuche gut sein können?

 

Und letztendlich wirkt politische Korrektheit – oder Feigheit – kontraproduktiv. Denn, wer etwas verschweigt, dem kommt man früher oder später auf die Schliche, und dann ist die Karriere ruiniert. Oder noch schlimmer: ein ganzes Fachgebiet.

 

Bärendienst für die Forschenden

Keineswegs will ich hier einen bestimmten Forscher in die Pfanne hauen, denn er ist kein Einzelfall. Auch die Medienstellen der Hochschulen versuchen immer wieder politisch korrekt zu sein. So schrieb eine Schweizer Uni in einer Medienmitteilung, Forschende hätten «Sequenzveränderungen (…) nachgeahmt, um Reis und Hirse mit dauerhafter Krankheitsresistenz zu erzeugen.» Mit Verlaub, es geht um Gentechnologie. Aber das Pfui-Wort kommt im ganzen Text nicht vor. Damit erweist die Uni ihren Forschenden einen Bärendienst – und nicht zuletzt dem wissenschaftlichen Nachwuchs. Man stelle sich eine junge Frau, einen jungen Mann vor, die gentechnisch veränderten Pflanzen einen Sinn abgewinnen können. Vielleicht reizt es sie auch, mit dieser Technologie etwas zur Sicherung der Welternährung beizutragen. Aber wenn selbst die Uni das Unwort meidet, wie will sie dann motivierte und talentierte Kräfte für diese Wissenschaft gewinnen? So gehen politisch korrekte Nebelpetarden gern nach hinten los.

 

Beat Glogger 

 

 


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