esoterikerBei einem feinen Mittagessen erzählte eine Bekannte, sie kenne jemanden, der müsse weder essen noch trinken, sondern ernähre sich allein von Licht. Ich staunte, denn solche Fähigkeiten waren mir bisher nur von Pflanzen bekannt. Leider konnte die Tischnachbarin aber nicht erklären, wie das Ganze funktionieren soll. Und als ich nach der Adresse dieses besonderen Menschen fragte, um die Sensation zu sehen, räumte die Dame ein, er esse unterdessen wieder normal.

 

Schade. Aber typisch für esoterischen Firlefanz. Sobald man ihn überprüfen will, verflüchtigt er sich. So war es auch bei der längsten Recherche, die ich je angestellt habe. Rutengänger, Hellseher und Heilbringer sollten vor laufender Kamera ihre Fähigkeiten beweisen. Alle scheiterten. Natürlich nicht, weil ihre mystischen Kräfte sie verlassen hatten, sondern weil die Kamera störte, die Mondphase nicht stimmte oder der Tag der falsche war. Auch das ist typisch für Esoteriker. Ihre Behauptungen sind stets an Bedingungen geknüpft, die nicht erfüll- oder überprüfbar sind. So kann man Esoteriker nie hinterfragen, das heisst, sie haben immer Recht – beziehungsweise eben nie.

 

Bei Wissenschaftlern sei dies genauso. Die behaupteten auch, die Wahrheit zu kennen, verteidigte sich meine Bekannte. Und irrte sich gewaltig. Denn genau das Gegenteil ist das Kennzeichen von Wissenschaft: Keine Aussage, kein Resultat, keine Regel ist endgültig. Alles wird permanent hinterfragt, überprüft, verworfen oder verbessert. Nur so sind neue Erkenntnisse und Entwicklungen möglich – sonst würden wir heute noch glauben, die Erde sei eine Scheibe.

 

In Indien gebe es aber einen Yogi, der ernähre sich seit Jahren nur von Licht, brandete beim Hauptgang nochmals Widerstand auf. Womit die Tischnachbarin den dritten Hauptfehler der Esoterik beging. Dass es «irgendwo irgendjemanden gibt, der irgendetwas kann» ist kein Beweis. Und dieser Guru, der irgendwo Licht essend lebt, bringt die Welt nicht weiter, da er sein «Wissen» – oder besser gesagt: seine faulen Tricks – für sich behält, um weiterhin angehimmelt zu werden. Im Gegensatz zur Wissenschaft: Hier gelten Erkenntnisse erst, wenn sie veröffentlicht und überprüft sind.

 

Beim Nachtisch kam dann der letzte Verzweiflungsschlag aus der Esoterik-Ecke: Auch Galileo Galilei sei der einzige gewesen, der erkannt habe, dass die Erde um die Sonne kreist und nicht umgekehrt. Stimmt. Aber Galilei wurde tausendfach überprüft und für richtig befunden. Darum ist er zwar ein Star, aber trotzdem Wissenschaftler und kein Guru.

 

Beat Glogger 

 

 


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