Auf Dating-Apps bewerten wir Kandidaten im Schnelldurchlauf. Auf unser Urteil ist aber kein Verlass, zeigt eine Studie.

 

Der Cheerleader-Effekt: Wie hübsch wir jemanden finden, hängt auch von den Menschen daneben ab. Foto: ISTOCK

Sexy oder nicht? Dating-Apps wie Tinder lassen Menschen auf der Suche nach einem Flirt in rascher Folge Fotos von Kandidaten beurteilen. Dieses Urteil ist allerdings häufig falsch, zeigt eine Studie der Uni Sydney. Denn ob wir ein Gesicht attraktiv finden, hängt nicht nur von unserem Geschmack ab – sondern wird auch beeinflusst von dem Gesicht, das wir gerade zuvor gesehen haben.

 

Das fanden die Forschenden heraus, indem sie 16 Studentinnen die Attraktivität von 30 Männern auf Fotos beurteilen liessen. Die Probandinnen sahen jedes Foto zehnmal in unterschiedlicher Reihenfolge. Somit mussten die Studentinnen insgesamt 300-mal entscheiden, ob ihnen der abge bildete Mann gefällt oder nicht. Dabei zeigte sich: Beim Blättern durch die Profilbilder färbt der positive Eindruck eines attraktiven Fotos auf das nächste Bild ab, ähnlich wie beim sogenannten Cheerleader-Effekt (siehe unten). So fanden die Studentinnen einen Mann hübscher, wenn sie auch schon das vorherige Bild positiv bewertet hatten. Umgekehrt zog ein unattraktives Bild das nächste in der Bewertung nach unten.

 

«Dieser Effekt tritt aber nur bei Fotos von Wackelkandidaten auf – den Mr. Right verpasst man so sicher nicht», sagt Janek Lobmaier, Psychologe an der Uni Bern. Denn eindeutig attraktive Menschen fände niemand plötzlich abstossend. Und überhaupt: Wenn sich zwei nach einer Übereinstimmung auf Tinder im echten Leben träfen, spielten sowieso andere Faktoren eine grössere Rolle, so der Psychologe. Etwa das Verhalten oder der Geruch. «Der erste Eindruck ist zwar wichtig, aber danach braucht es noch viel mehr.»

 


Der Cheerleader-Effekt

Ähnlich wie beim Tinder-Experiment bewerten wir die Attraktivität von Menschen anders, wenn sie nicht allein, sondern in Gruppen auftreten. Dieser sogenannte Cheerleader-Effekt beruht auf der Art und Weise, wie unsere Wahrnehmung funktioniert: Wenn wir mehrere Gesichter in einer Gruppe sehen, berechnet unser Gehirn daraus eine Art Durchschnitt. Dieser beeinflusst, wie die einzelnen Gesichter auf uns wirken. So blenden wir unattraktive Gesichtsmerkmale einfach aus – und finden die Menschen hübscher.
 


Link zur Studie (Englisch)

 

Michael Baumann 

 

 


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