Auch Dealer haben ein Gewissen. Wie sie es beruhigen, hat ein Soziologe herausgefunden, indem er sie monatelang begleitete.
 

Drogendealer in Aktion. Symbolbild: ISTOCK

Sie haben keine Aufenthaltserlaubnis, kommen aus Westafrika und verdienen ihr Geld mit dem Verkauf von Cannabis oder Koks: In dieses Muster passen viele Strassendealer in Schweizer Städten. Besonders in Genf prägen sie das Stadtbild mit ihrer ständigen Präsenz. Wie sie selbst über ihre Tätigkeit denken, erforschte der Soziologe Loïc Pignolo von der Uni Genf in seiner Masterarbeit. Dafür begleitete er fünfzehn Drogenhändler über mehrere Monate – Tag und Nacht.

 

«Die Männer finden den Drogenhandel selbst verwerflich», sagt Pignolo. So sprachen sie davon, lieber eine moralischere Tätigkeit ausüben zu wollen, wie etwa Putzen. Doch auch das wäre ohne gültige Papiere illegal.

 

Zudem erzählten die Dealer dem Soziologen, dass sie sich besser fühlen, wenn sie Marihuana statt Koks verkaufen. Beim Dealen mit der schädlicheren Droge hätten sie grössere Gewissensbisse.

 

Auch Gewalt versuchen die Dealer zu vermeiden. «Und zwar nicht nur aus Angst vor der Polizei, sondern vor allem aus Überzeugung» sagt Pignolo. So erlebte er während fünf Monaten mit den Dealern bloss zwei Schlägereien.

 

Was die Dealer in die Kriminalität treibt und wie man sie davon abhalten könnte, sagt Kriminologe und Polizist Olivier Guéniat im Interview.

«Das ist naiv»

Olivier Guéniat, Polizist/Kriminologe an der Uni Lausanne.

Herr Guéniat, glauben Sie den Dealern, dass sie lieber putzen würden?

Nein, das ist naiv. Putzen ist kein realistischer Ersatz für die Deals. Im Drogenhandel verdienen die Dealer bis zu zwanzigmal mehr.

Wie landen sie denn überhaupt auf der Strasse?

Das Problem beginnt in den Asylheimen. Dort haben die Bewohner viel freie Zeit, aber kaum Perspektiven. Das ist fatal. Aus solch einer Situation werden Menschen vom schnellen Geld auf der Strasse leicht verführt.

Was kann man tun, um sie vom Drogenhandel fernzuhalten?

Wir könnten versuchen, den Asylbewerbern von Anfang an eine legale Beschäftigung zu geben. Etwa Arbeitseinsätze, um Wälder und Seeufer von Abfall zu befreien. Das wird in manchen Kantonen wie dem Aargau schon gemacht.

 

Deborah von Wartburg 

 

 


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