Im Kampf ums Fressen und Gefressenwerden geht es harsch zu und her. Doch manchmal gewinnt nicht rohe Gewalt, sondern ein schlauer Trick. Artikel im 20 Minuten vom 8.1.2016.

 

Trickdiebe, Betrüger oder Erpresser: Es gibt sie nicht nur unter Menschen, sondern auch in der Tierwelt. Zum Beispiel clevere Wüstenvögel, die mithilfe gefälschter Warnrufe anderen Tieren das Futter klauen. Oder Ameisen, die ganze Völker anderer Ameisenarten versklaven. Doch was für uns Menschen nach bösem Willen aussehe, diene allein dem Überleben der Tiere, sagt Robert Zingg, Verhaltensforscher und Kurator des Zoo Zürich. «Es geht darum, Schaden von sich selbst abzuwenden oder sich einen Vorteil bei der Nahrungssuche oder der Paarung zu verschaffen.»

Eine bewusste Entscheidung der Tiere ist das kaum. «Selbst die raffniertesten Tricks sind grösstenteils angeboren», sagt Zingg. Weil die Verhaltensweisen erfolgreich waren, haben sie sich in der Evolution über Jahrtausende durchgesetzt. Die ausgefallensten Gaunereien stellen wir in dieser Ausgabe vor.

 

Katze imitiert Affenbabys

Eine Langschwanzkatze auf der Pirsch. (ARCO)

Eine Langschwanzkatze auf der Pirsch. Foto: ARCO

Auf dem Speiseplan der südamerikanischen Langschwanzkatze stehen unter anderem Mantelaffen. Diese erlegt sie normalerweise, indem sie sich anschleicht, bevor sie zum tödlichen Biss ansetzt. Doch anscheinend ändert die Katze manchmal ihre Taktik. So haben US-Forscher im brasilianischen Dschun gel eine Langschwanzkatze dabei beobachtet, wie sie sich im Dickicht versteckte und das Gewimmer eines Affenbabys imitierte. Damit lockte sie erwachsene Affen an, die dem vermeintlichen Baby zu Hilfe eilen wollten. Die Affen entkamen erst in letzter Sekunde. Wie häufig Langschwanzkatzen diese Taktik tatsächlich einsetzen, werden künftige Beobachtungen zeigen.

 

Verteidigung bis aufs Blut

Um in der Wüste zu überleben, hat die Krötenechse makabre Strategien entwickelt. Naht ein Feind, beispielsweise eine Schlange oder ein Kojote, bläst sie sich – ähnlich wie ein Kugelfisch – auf. Lässt der Angreifer trotzdem nicht locker, spritzt die Echse aus ihren Augen übelriechendes Blut. Dieses landet meist direkt im Gesicht des Angreifers – und vertreibt ihn. Die Krötenechse verliert dabei bis zu einem Viertel ihres Blutes. Das ist aber immer noch besser, als gefressen zu werden.

 

Die Krötenechse: Bei ihrer Verteidigung verliert sie einen Viertel ihres Bluts. Video: Youtube/National Geographic

 

Mit Luftsprüngen auf Beutefang

Hornhechte können meterweit durch die Luft springen, (M. POPE)

Hornhechte können meterweit durch die Luft springen. Foto: M. Pope

Eine heimtückische Art zu jagen hat der Hornhecht, ein in vielen Meeren verbreiteter Raubfisch: Er springt aus dem Wasser und attackiert seine Beutetiere – kleine Fische – aus der Luft. Das haben australische Forscher erstmals beobachtet. Durch die Sprünge können die Hechte Opfer erwischen, die bis zu zwei Meter von ihnen entfernt sind.

Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die Tiere beim Luftsprung einen optischen Effekt zunutze machen: Durch die Lichtbrechung an der Wasseroberfläche sind sie für ihre Beute unter Wasser nur noch verzerrt sichtbar. Eine vergleichbare Taktik ist bisher noch von keiner anderen Fischart bekannt.

 

Diese Ameisen erbeuten Sklaven ohne Blutvergiessen

 

(UNI MAINZ)

Foto: Uni Mainz

Viele Ameisenarten überfallen benachbarte Völker und verschleppen deren Larven und Puppen ins eigene Nest. Bei solchen Überfällen müssen sie gegen feindliche Arbeiterinnen kämpfen – häufig mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Bestimmte nordamerikanische Ameisen schaffen den Raubzug jedoch auch ohne Blutvergiessen, wie Zoologinnen der Uni Mainz entdeckt haben. Diese Ameisen parfümieren sich mit den Duftstoffen ihrer Opfer – und werden dadurch von ihnen nicht als Feinde erkannt. Die Gefangenen müssen fortan als Sklaven arbeiten, während die Sklavenhalter selbst faulenzen. Fleissig werden sie erst dann wieder, wenn der nächste Raubzug ansteht.

 

Erpresserische Seeotter

Der Kampf um Nahrung lässt Seeottermännchen mitunter zu Erpressern werden. Das haben Wissenschaftler verschiedentlich beobachtet. Beispielsweise in Alaska: Als ein Seeotterweibchen nach Fischen und Krabben tauchte, schnappte sich ein Männchen schnell sein unbeobachtetes Junges. Es drückte das Baby unter Wasser, bis die Mutter wieder auftauchte. Diese musste ihren Fang aushändigen, um ihr Kleines zurückzubekommen. Und der Erpresser? Der machte sich mit den Leckerbissen auf und davon.

 

Spinnen-Sex mit bösen Folgen

Radnetzspinnen bei der Paarung. (UNI GREIFSWALD)

Radnetzspinnen bei der Paarung. Foto: P. Mouginot/J. Wolff

Das Liebesspiel endet für die weibliche Radnetzspinne häufig unschön. Denn nach der Paarung zwickt das Männchen seiner Partnerin einen bestimmten Teil der Genitalien ab. Das haben Forscher der Uni Greifswald herausgefunden. Grund: Die Spinnenweibchen können sich mit mehreren Partnern einlassen und die Spermien in ihrem Körper zwischenlagern. Das wollen die Männchen mit der rabiaten Massnahme verhindern. So stellen sie sicher, dass nur der eigene Nachwuchs heranwachsen kann.

 

Der fieseste Blick im ganzen Ozean

 

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Roter Kussmund, grimmiger Blick: Beides gehört zum Rotlippen-Fledermausfisch. Obwohl dieser richtig gemein aussieht, ist er völlig ungefährlich. Der bis zu 40 Zentimeter lange Fisch lebt auf dem Meeresgrund rund um die Galapagosinseln und ernährt sich von kleinen Fischen. Schwimmen kann er allerdings nicht gut. Stattdessen nutzt er seine Brustflossen ähnlich wie Beine. Wozu aber die knallroten Lippen – sein auffallendstes Merkmal – dienen, ist bislang ein Rätsel.

 

SRU, BMN, SIE, KWE

 
 


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