Horror», dachte ich, als ich «Zero» von Marc Elsberg las. Der Roman entwirft eine Welt der totalen Überwachung, gegen die George Orwells «1984» geradezu harmlos wirkt.
Denn, wo bei Orwell der böse «Big Brother» die Bürger ausspioniert, liefern sich die Menschen in «Zero» freiwillig aus. Dies, indem sie Fitnessarmbänder nutzen, Schrittzähler, smarte Personenwaagen, Google-Glasses und Smartphones mit vielen Apps, die ihr Leben überwachen – und auswerten. Eine erschreckende Vision.
Nichts ist Zufall
Von wegen: Die Fiktion ist längst Realität. Dies merkte ich, als ich kürzlich auf dem iPhone eine Adresse suchte. Da poppt eines dieser Werbebanner auf, die man bei Gratis-Apps in Kauf nimmt, und normalerweise sofort wegklickt. Nicht so dieses Mal. Denn im Augenwinkel nahm ich ein Werbeplakat wahr, das für dasselbe Produkt warb, wie das Banner auf dem Telefon. «Zufall», dachte ich und klickte die Anzeige doch noch weg.
Nächstes Plakat, nächstes Banner, gleiches Spiel. Dieselbe Werbung auf dem Aushang und dem Telefon. Der journalistische Instinkt war geweckt. Und tatsächlich: Die zielgenaue Übermittlung von Bannerwerbung in Abhängigkeit vom Standort ist das neuste Angebot der Werbebranche. «Targeting» heisst das. App-Anbieter verkaufen Nutzerdaten an Firmen, die diese auswerten und die Analysen weiterverkaufen. So wissen die Werber nicht nur jederzeit, wo sich ein Smartphone einem Plakat nähert, sie wissen auch, wem das Telefon gehört: Heute schon lassen sich die Banner auf Alter und Geschlecht abstimmen. Demnächst werden es auch Konsumgewohnheiten sein.
Um mich minim gegen die Überwachung zu wehren, verwende ich neuerdings nicht mehr Google, sondern einen Suchdienst, der die Daten weder speichert noch weitergibt. Und ich schalte den Ortungsdienst so oft wie möglich aus.
Alles ist möglich
Möglich ist dies, weil wir alle unsere persönlichsten Daten hergeben – indem wir mobil surfen, online shoppen und Apps nutzen. Alles freiwillig – aber nicht wissend. Und wehren kann man sich nicht. Wer die Dienste nutzen will, muss den AGB zustimmen. Immerhin: Um mich minim gegen die Überwachung zu wehren, verwende ich neuerdings nicht mehr Google, sondern einen Suchdienst, der die Daten weder speichert noch weitergibt. Und ich schalte den Ortungsdienst so oft wie möglich aus.
Ebenso WiFi und Bluetooth. Ob das nützt, sehe ich, wenn ich das nächste Mal eine Adresse auf dem Smartphone suche. Poppt zum entsprechenden Plakat das Banner einer Luxus-Automarke auf, habe ich gewonnen. Denn ich fahre nicht Auto. Vielleicht aber weiss «Big Brother» auch dies und bewirbt mich absichtlich mal mit einem unpassenden Produkt. Um mich in falscher Sicherheit zu wiegen.
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