Das Internet bietet Zugang zu einer Fülle von Informationen, wobei das Volumen des World Wide Web in den vergangenen Jahren geradezu explodiert ist. Ähnliches gilt auch für die Wissenschaft, denn auch sie schafft täglich neues Wissen. Das belegt ein Blick in die internationale Datenbank Medline, die hauptsächlich auf Medizin- und Biologiethemen ausgerichtet ist. Hier werden pro Tag durchschnittlich 2000 neue Artikel veröffentlicht, insgesamt enthält die Datenbank über 18 Millionen wissenschaftliche Einträge.

 

Angesichts dieser Informationsflut ist es für Forscher unmöglich geworden, stets den Überblick über alle für das Fachgebiet relevanten Informationen zu behalten und die Nadel im Heuhaufen zu finden. Aufgabe von Caroline Kant ist es nun, Strategien festzulegen sowie Methoden und Computerprogramme zu entwickeln, um sich in diesem Labyrinth zurechtzufinden. Die 33-jährige Schweizerin arbeitet für Merck Serono in Genf in der Abteilung Knowledge Management, kurz KM (siehe Kasten: Was ist Knowledge Management?.
 
Caroline Kants Werdegang ist ungewöhnlich. Sie ist in Genf aufgewachsen, besuchte die dortigen Schulen. In der Primarschule konnte sie ein erstes Mal vom wissenschaftlichen Know-how ihres Vaters, eines Chemikers, und der Kreativität ihrer Mutter, einer Künstlerin, profitieren: Gemeinsam bastelten die drei einen Vulkan aus Papiermaché und liessen diesen vor der Klasse ausbrechen. «Ich war natürlich der Star des Tages» erzählt Kant lächelnd. Seit diesem Tag wusste sie auch, dass sie später im Beruf sowohl ihre wissenschaftliche Neugier stillen als auch ihre kreative Ader ausleben wollte.
 
Später studierte Kant Biologie an der Universität Genf. «Ich wollte ein solides wissenschaftliches Fundament haben und verstehen, wie die Vorgänge des Lebens funktionieren.» Nach Abschluss des Studiums verliess sie die Schweiz und die Welt der Wissenschaften und besuchte eine Designschule in Los Angeles. Ihr erster Job nach dieser Ausbildung war in einer Firma, die sich auf die Neuausrichtung von Modelabels spezialisiert hat.
 
Kant Nach der Geburt ihrer Tochter erschien ihr die Modewelt plötzlich als zu wenig greifbar und sie wechselte in die Informatikbranche und arbeitete bei einer Start-up-Firma im Silicon Valley, die «Supercomputer» entwickelt. Nach sechs Jahren in den USA kehrte sie nach Genf zurück, wo sie ihr Biologiestudium vervollständigte und danach im Labor arbeitete. Dann, nach zwei Jahren Forschung an der Universität, wurde ihr bewusst, dass sie keine akademische Laufbahn einschlagen wollte. «Mehr als die Grundlagenforschung interessiert es mich, die Biologie in ihrer ganzen Komplexität zu begreifen und nach konkreten Anwendungsmöglichkeiten zu suchen.»
 
Sie suchte und fand eine Stelle bei Merck Serono in Genf, zu Beginn als Koordinatorin klinischer Studien. Diese berufliche Etappe bot ihr Gelegenheit, die Welt der Pharmaindustrie kennen zu lernen. «Das Interessante an dieser Arbeit war die Perspektive, kranken Menschen helfen zu können.» Als dann im Zuge einer umfassenden Firmenrestrukturierung bei Merck Serono eine neue Gruppe «Knowledge Management» geschaffen wurde, bewarb sie sich um den Traumjob in der neuen Abteilung – mit Erfolg.
 
Wenn sie nicht im Büro ist, kümmert sich Caroline Kant um ihre achtjährige Tochter, sie kocht nach den Techniken der Molekularküche und treibt Sport, sie joggt und macht Yoga.


Was ist Knowledge Management?

KMIm Internet helfen uns Suchmaschinen wie Google, den Überblick zu behalten. Ähnlich funktioniert es im Knowledge Management (KM). Caroline Kant entwickelt dazu eine Art «Google für Wissenschafter» – spezielle Suchmaschinen, die auf die Bedürfnisse der Wissenschafter zugeschnitten sind.
 
Caroline Kant kümmert sich um das KM im Bereich Forschung und Entwicklung bei Merck Serono. In diesem Umfeld braucht es zur Entwicklung neuartiger Arzneimittel einen Ansatz, der Naturwissenschaften wie zum Beispiel Chemie, Biologie, Pharmakologie und Pathologie vereint. Die KM hat die Aufgabe, für die Forscher diejenigen Informationen zu sammeln, die es ihnen ermöglichen, die vorhandenen Erkenntnisse in einem bestimmten Fachgebiet optimal zu nutzen.
 
Eine konkrete Anwendungsmöglichkeit des KM besteht zum Beispiel darin, mit einer bestimmten Software in der Fachliteratur alle Informationen zu finden und zu analysieren, die ein bestimmtes Protein und dessen Rezeptor betreffen. Mit dem Computer können bislang unbekannte Verbindungen zwischen einem Protein und seinem Rezeptor entdeckt werden. «Das Knowledge Management wird die wissenschaftliche Kreativität der Wissenschafter nicht ersetzen, aber sie kann sie unterstützen», erklärt Kant.
 


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